18 Jahre Ashtanga Yoga - 2007 bis 2025 - Ein Rückblick

Oder: eine ganz besondere Liebesgeschichte

2007 entschloss ich mich, eine Ashtanga Yogalehrerweiterbildung für Yogalehrer zu machen. Meine erste Yogalehrerausbildung lag 5 Jahre zurück und ich war außerdem in der Ausbildung bei Hari Prem in Schweden (Satyananda Yoga). In den Jahren davor stellte ich immer wieder fest, dass ich mich nach der Teilnahme an einer ruhigen Yogastunde mit wenig Bewegung oftmals sehr müde und schlapp fühlte. Insbesondere habe ich eine 10-tägigen Fortbildung "Yoga für Gesundheit und Heilung" (2005) in Erinnerung, bei der wir beim morgendlichen Yoga ganz langsame Bewegungen machten und ich massive Probleme hatte dabei nicht wieder einzuschlafen. Ich empfand das alles andere als heilsam.

Also machte ich mich auf die Suche nach einer körperlich fordernden Yogatradition und landete bei der Quelle der körperlich anspruchsvolleren Yogastile: dem Ashtanga (Vinyasa) Yoga.
Kurz nach meiner ersten Ashtanga Yogastunde begann ich mit der Weiterbildung bei Beate Guttandin in Berlin (ein Ableger ihrer Kölner Yogaschule). Sie war damals die einzige, die Ashtanga Yoga Ausbildungen in Deutschland anbot.
Zu Beginn war ich 6 Tage die Woche eifrig dabei, meine Praxis zu machen und mein Körper veränderte sich merklich. Kraft in den Armen - wie ungewohnt war das für mich. Wir Teilnehmerinnen der Weiterbildung (ausschließlich Frauen) merkten alle, dass uns unsere Kleider nicht mehr passten - die Oberweite war eine andere geworden. Meine Zehen, die vorher eher nur Anhängsel an den Füßen waren, wirkten nun lebendig. Auch mein Körpergefühl veränderte sich rasant - ich nahm viel detaillierter meine Ausrichtung im Raum wahr und spürte viel mehr als vorher. 

Nach Abschluss der Weiterbildung blieb ich bei meiner täglichen Praxis. Daneben besuchte ich Workshops von Manju Jois, Nancy Gilgoff, Lino Miele, Dena Kingsberg und anderen. Wunderschön waren die Led Classes mit den anderen fortgeschrittenen Ashtangis, bei denen nur die Asana-Ansage und der Ujjayi-Atem zu hören waren - die Energie war gigantisch.
2012-2013 folgte die Weiterbildung für Ashtanga Yogalehrer von Inke Shenar und Heike Katharina Schmidt in Hamburg. Sie gefiel mir gut, nur das tägliche protokollieren der Asana-Praxis, verleidete mir diese. So hörte ich mit dem Protokollieren auf um mir nicht gänzlich die Freude daran zu nehmen. Seitdem reduzierte sich meine Ashtanga Yogapraxis.

Ab Herbst 2013 hatte ich eine Reitbeteiligung und seit November 2015 habe ich ein eigenes Pony. Das reduzierte die Zeit für meine Yogapraxis auf der Matte. Aber Yoga lässt sich ja schließlich nicht nur auf der Matte praktizieren - dort beginnt man und dort ist es leichter. Mein Pony forderte mich lange Zeit sehr - aber das ist eine andere Geschichte - zurück zur Ashtanga Praxis auf der Matte.

Noch einmal etwas zurück in der Zeit. Ab 2011 gab ich meine ersten Yogaurlaube. Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir der Yogaurlaub in der Türkei im Herbst 2011. Es war eine ganz besondere Gruppe und wir hatten viel Freude miteinander.
Ab 2008 hatte ich Ashtanga Yogakurse und -Workshops gegeben, zwischenzeitlich auch in anderen Yogastudios. Ab März 2020 ging mit dem maßnahmenbedingten Berufsverbot erstmal nix mehr offline. Ashtanga Yoga online ist schon ganz speziell. Ich erinner mich noch gut daran, dass, als ich mit Ashtanga Yoga anfing, sich jemand den Mund fusselig reden konnte - erst durch ein Adjustment, eine Berührung in die Richtung führend wo es hingeht, hatte ich verstanden wie die Asana gemeint war. Und da sass ich vor meinem Laptop mit Teilnehmern die maximal eine Yogastunde offline gehabt hatten. Jede hatte eine andere Kameraeinstellung und ich sah diese kleinen Bildchen nebeneinander und versuchte, ohne Handberührung irgendwas verständlich zu machen. Bei denen die schon länger dabei waren ging das schon besser. Nach 2 Yogaklassen am Rechner war ich k.o. - völlig ausgenockt. Nach und nach wollten auch die Teilnehmer nicht mehr. Und irgendwann hatte ich keine Yogakurse mehr und verlagerte mich vermehrt auf die Massagen.

Meine eigene Ashtanga Yogapraxis reduzierte sich ab Ende 2022 durch einen starken Borreliose-Schub weiter. Mir fehlte die Energie für viel Praxis, konnte ich meine grundlegenden Alltagstätigkeiten nur unzureichend bewältigen.  Geblieben sind mir die Sonnengrüße, die Standpositionen und die Abschlussequenz, ergänzt durch wechselnde einzelne Asanas, ca. 1 bis 2 mal wöchentlich und in einer eher sanften und mit Pausen durchzogenen Weise. Das hat mir in der Zeit viel geholfen, mir Stabilität und Erdung gegeben und die fließenden Bewegungen eine Kraft und Ruhe im Tun. Yoga - und auch Ashtanga Yoga - lässt sich ja gut an die eigenen, im Moment vorhandenen Möglichkeiten anpassen. Gleichzeitig gab mir meine gesundheitliche Einschränkung, die sich, neben körperlichen Auswirkungen, auch mental mit Brain Fog manifestierte, die Möglichkeit mich auf andere Weise mit mir und dem Leben auseinanderzusetzen. Wie mit den eigenen Ansprüchen an mich selbst umgehen, insbesondere wenn mir von Außen völliges Unverständnis entgegenkam - schließlich sah man mir ja nichts an. Wer konnte schon verstehen, dass ich manchmal 3 Stunden brauchte um mich aus dem Bett zu quälen und danach zu kaum etwas in der Lage war und ich ständig Pausen brauchte? Wie mit der Hoffnungslosigkeit nach der nächsten Verschlechterung umgehen? Das ist auch Yoga - so gut es geht im Moment zu bleiben und in der Achtsamkeit und Akzeptanz, und sich nicht durch die Kommentare anderer destabilisieren zu lassen bzw. auch das wiederum wahrzunehmen und zu akzeptieren. Davon berichetete ich bereits in dem Beitrag "Mehr ist heute einfach nicht drinn".

Ab Anfang 2025 ging dann an guten Tagen erstmalig wieder die ganze erste Serie und seit Juli bin ich deutlich fitter geworden und fühle mich wieder klar und energievoll, auch wenn ich jetzt, im Oktober 2025, körperlich noch nicht wieder da bin, wo ich vor dem Schub war.  Ashtanga Yoga begleitet mich immer noch und ich bin nach wie vor begeistert von dieser wundervollen Praxis, wenn Atem und Bewegung eins werden und der Flow entsteht. Dazu die rauschende Ujjayi Atmung ... einfach wunderschön ... . Und nein, bei mir gibt es keine Ashtanga Yoga Polizei. Was manche als strikt bezeichnen - die feste Abfolge der Asanas - empfinde ich als Hilfestellung. Und was manche doof oder langweilig finden - immer dieselben Positionen - empfinde ich als Erleichterung: kein Nachdenken müssen was es heute sein soll, dafür eine feinere Wahrnehmung der eigenen Befindlichkeit und dem Umgang damit. Und trotzdem nehme ich mir natürlich die Freiheit für mich kleine oder manchmal auch größere Änderungen zu machen. Und manchmal mag ich auch einfach einer geführten Klasse folgen, wie es sie zahlreich im Internet gibt, wie z.B. die Led Primary Series mit Joey Miles. 

Den Flow im Ashtanga Yoga finde ich einzigartig und ich bin sehr dankbar, dass ich diese Yogatradition kennenlernen durfte. Meine Gedanken können zur Ruhe kommen - so bleibt Raum für die feineren Wahrnehmungen. Die Aufrichtung läßt mich auch innerlich aufrichten, gibt mir Kraft und die vielen Standpositionen zu Beginn erden mich. Die Öffnung im Brustkob, gibt meinem Herzen Raum sich zu öffnen. Der Atemfluss mit Ujjayi-Geräusch, dem die Bewegungen folgen - wie schön! Hingabe an die Praxis ... und danach fühlt sich mein Körper soviel besser als vorher an und mein Geist ist ruhiger geworden und ein Lächeln zaubert sich auf meine Lippen.

Nach 18 Jahren Ashtanga Yoga weiß ich: ich bleibe dabei!