Ashtanga FAQ



Ist Ashtanga Yoga dasselbe wie Power Yoga?

Die ersten die diesen Begriff verwendeten waren Ashtangis. Heute wird der Begriff aufgrund der Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen Stilen im Ashtanga Yoga eher vermieden.

Die Bezeichnung Power Yoga weist lediglich darauf hin, dass es sich um eine köperlich fordernde Form des Yogas handelt. Dies kann Ashtanga Yoga sein, eine mehr oder weniger starke Abwandlung davon oder auch eine ganz andere Tradition wie z.B. eine kraftvolle und dynamische Variante des Shivananda Yoga. Der Begriff Power Yoga wurde zunächst von Beryl Bender Birch, welche fast reines Ashtanga Yoga unterrichtet, und Bryan Kest, welcher zwar Ashtanga Yoga gelernt hat, aber seinen eigenen Stil entwickelt hat, bekannt.


Ist Ashtanga Yoga nur etwas für fitte, junge Menschen?

Nein. Die Asanas (Körperübungen) werden individuell variiert und gerade der traditionelle Mysore Stil (Einzelunterricht in der Gruppe) ermöglicht es sein eigenes Tempo und Level zu praktizieren. Es ist jedoch ganz klar eine körperlich fordernde Tradition. Freude an Bewegung und körperlichen Herausforderungen sollte also vorhanden sein.


Ist Ashtanga Yoga eine nach Außen gerichtete Praxis?

Entgegen einer oberflächlichen Betrachtung ist es eine innere und keine äußere Praxis. Der Schwerpunkt liegt nicht darin die Asanas nach außen hin möglichst "perfekt" aussehen zu lassen. Es geht vielmehr darum seinen eigenen Körper zu erfahren, das Prinzip einer Asana zu verstehen und das Prana (d.h. das Energieniveau) zu erhöhen. Bezüglich letzterem spielen die Ujjayi-Atmung, die Bandhas, sowie der ununterbrochene Fluß im Atemrhythmus eine entscheidende Rolle. Ashtanga Yoga ist eine dynamische (Atem-) Meditationspraxis.


Was hat es mit den Mond-Tagen auf sich?

 

In Indien, sowie auch in etlichen Ashtanga Yoga Schulen außerhalb Indiens, findet an Neu- und Vollmond keine Ashtanga Yogapraxis statt.

 

Zum historischen Hintergrund bzgl. der Mond-Tage im Ashtanga Yoga berichtet M. S. Viswanatha, ein Neffe von P. Jois folgendes:

Die Mondtage haben ihren Ursprung in der Tradition der Brahmanenkaste Indiens. Die Tage um den Voll- bzw. Neumond werden Andahyayana genannt. Während dieser Zeit unterbricht der Lehrer das Unterrichten und widmet sich verschiedenen Ritualen. Die Schüler können in dieser Zeit jedoch, ohne Unterricht, weiterpraktizieren. Die Behauptung, dass Verletzungen, die man sich an Voll- oder Neumond zuzieht, schwieriger heilen würden, weist er zurück: 

"Is there any proof that only those who injure while practicing yoga during the full moon or new moon days do not recover easily? For that matter, a person who injures from any activities during the full moon or new moon days, too, may not recover easily?

Common sense is absolutely important and necessary. Use your [discerning] mind and decide."

Quelle: http://yoga.india.yogelements.com/FPYK_Yoga_Newsletters.php

 

Der Tradition folgend fällt der Ashtanga Yoga Unterricht an vielen Yogaschulen an Voll- und Neumondtagen aus oder wird durch eine Alternative Praxis (z.B. Yin Yoga) ersetzt.

 

Manchmal wird erzählt, dass man an den Mond-Tagen kein Ashtanga Yoga praktizieren solle, da hier die Verletzungsgefahr größer sei. Bisher gibt es jedoch keine Studien, die signifikant nachweisen, dass die Unfallgefahr an Voll- und Neumond größer wäre.

 

Der Mond übt sicherlich einen Einfluß auf uns aus. Ohne den Mond gäbe es keine Gezeiten. Beeinflusst er unsere Ashtanga Yogapraxis insoweit, dass wir hier nicht praktizieren sollten?

 


Kann ich während der Menstruation Ashtanga Yoga und Umkehrhaltungen praktizieren?

 

Manche meinen es wäre - zumindest während der 3 intensivsten Tage - nicht sinvoll die Bandhas zu halten, da es den energetischen Abfluss nach unten verhindern würde und raten deshalb zu einer Ashtanga Yoga Pause oder zu einer alternativen Praxis. Einigen Frauen bekommt die Ashtanga Praxis während der Periode nicht, andere merken keinerlei Unterschied oder empfinden sie sogar als wohltuend.

 

Ähnlich verhält es sich mit der Frage nach den Umkehrhaltungen. In den meisten Yogabüchern wird verbreitet, dass man während der Menstruation keine Umkehrhaltungen machen dürfe. Auch dies wird damit begründet, dass man den energetischen Reinigungsprozess zurückhalten würde. Normalerweise bleibt man jedoch maximal einige Minuten in den Umkehrhaltungen, so dass dies fraglich erscheint. Außdem gibt es einige Frauen, die Umkehrhaltungen während der Menstruation als wohltuend und krampflösend empfinden.

 

Aus Schulmedizinischer Sichtweise gibt es bisher keine Einschränkungen.

Ob Du während Deiner Menstruation Ashtanga Yoga und/oder Umkehrhaltungen praktizierst, eine sanftere Praxis ohne Umkehrhaltungen machst oder gar nicht praktizierst hängt ganz allein von Deiner eigenen Entscheidung ab. Finde heraus, was Dir gut tut.


Ich höre immer von der ersten Serie, gibt es noch weitere?

 

Im Astanga Yoga ist die Abfolge der Asanas festgelegt. Diese ist in 6 (bzw. ursprünlich 3) aufeinander aufbauende Serien gegliedert:

  • 1. Serie: Roga Chikitsa (Krankheitstherapie) oder auch Primary Series
  • 2. Serie: Nadi Shodana (Reinigung der Nadis) oder auch Intermediate Series
  • 3. Serie: Sthira Bhaga, Advanced Series wurde – aufgrund ihrer Länge – in Advanced A, B, C und D (3.,4.,5.,6. Serie) geteilt

Man beginnt mit 5 x Sonnengruss A, 5 x Sonnengruss B und den fundamentalen Standpositionen. Dann folgt die jeweilige Serie, danach die Abschlusssequenz und die Entspannungsphase.

 

Die Asanas werden nach und nach gelernt. In Deutschland wird meistens nur die 1. Serie, oftmals auch nur ein Teil davon, selten die 2. Serie, unterrichtet. Die einzelnen Asanas werden individuell adaptiert. In einer Asana verweilt man 5 (oder mehr) Atemzüge.


Was hat es mit dem Namen Ashtanga Yoga auf sich?

 

Pattabhi Jois (1915-2009) benannte diesen Yogastil Ashtanga Yoga, was soviel heißt wie 8-gliedriges Yoga (Ashtau: Acht, Anga: Glieder). Dies geht auf die in den Yoga Sutras von Patanjali aufgezählten 8 Glieder im Yoga zurück.

 

Yoga als eines der 6 orthodoxen Philosophiesysteme Indiens (Darshanas) besteht aus den Yoga Sutras von Patanjali. Dabei handelt es sich um 196 Lehrsätze, die in 4 Kapitel unterteilt sind.

[Die Philosophie der Yogatraditionen fusst jedoch nicht nur darauf, sondern u.a. auch auf dem orthodoxen Philosophiesystem des Vedanta und der unorthodoxen Tantraphilosophie.]

 

Die Yogasutren können als Leitfaden und Inspiration dienen. Wie bei anderen Schriften, ist auch hier - sowie auch bei den Übersetzungen und Interpretationen - der kulturelle Rahmen bzw. die individuellen Überzeugungen des Interpretierenden - zu berücksichtigen. [Brahmacharya wird von einigen als Keuschheit übersetzt, jedoch von vielen nicht als dauerhafte sexuelle Abstinenz interpretiert, sondern entweder als zeitlich begrenzte oder als sinnvoller, bewußter Umgang mit sexueller Energie oder auch allgemein als Mäßigung.

Von anderen wird es wörtlicher als "Bewegung auf das Wesentliche" hin übersetzt. Einen Lebensstil zu pflegen, der dem Streben nach Weisheit dient und zur Realisierung der Einheit bzw. Gott führt.]

 

Das Alter des Texts ist umstritten. Patanjali soll im Indien des 2. Jh. v. Chr. oder im 4./5. Jh. n.Chr. gelebt haben. Unklar ist auch, ob es ihn überhaupt gab. Manche meinen sogar, dass der Text 5000 Jahre alt sei. Die schriftliche Fixierung der Lehrsätze kann lange nach deren Formulierung erfolgt sein, ebenso können nachträglich Sutren umformuliert, hinzugefügt oder weggelassen worden sein. Die kurzen Sätze werden sehr unterschiedlich interpretiert und oftmals sogar unterschiedlich übersetzt.

 

Die ersten 4 Sutren werden als eine Art Zusammenfassung angesehen.

1.1.: atha yoganusanam
Jetzt folgt die Anweisung des Yoga.

1.2. yogaschittavrttinirodaha
Yoga ist Hinderung der Tätigkeiten des Geistes.

1.3. tada drashtu svarupe vasthanam
Dann entsteht Verweilen des Sehendem im eigenen Wesen.

1.4. vrtti-sarupyam itarata
Sonst gibt es Gleichheit mit den Tätigkeiten.

 

[Kommen die Gedanken und Emotionen zur Ruhe, so erfährt man das beobachtende Bewußtsein. Ansonsten identifiziert man sich mit den Gedanken und Emotionen.

Yoga ist einerseits der Zustand in dem beobachtenden Bewußtsein (Achtsamkeit) zu verweilen, andererseits der Weg und die darauf angewendeten Methoden dorthin.]

 

In Kapitel 2 Sutra 29 ist der 8-gliedrige Pfad definiert und in den Kapiteln 30-50 weiter erläutert.

1. Yama (Haltung)

  • Ahimsa (Gewaltlosigkeit)
  • Satya (Wahrhaftigkeit, nach Wahrheit streben)
  • Asteya (Gerechtigkeit, Fairness, sich nichts unrechtmäßig aneignen)
  • Brahmacharya (Weisheit, Bewegung auf das Wesentliche hin)
  • Aparigraha (keine Anhaftung an Besitz)

2. Niyama (Regeln für sich selbst)

  • Saucha (Reinheit, Klarheit)
  • Samtosha (Zufriedenheit)
  • Tapas (Zielstrebigkeit, Begeisterung, Selbstdisziplin)
  • Svadhyaya (Selbststudium, Selbstreflexion)
  • Ishvara-Pranidhana (Gottvertrauen/Urvertrauen, Hingabe an ein höheres Ideal, Gott/Kosmos/Leben)

3. Asana (Körperposition)

4. Pranayama (Erweitern der Lebensenergie u. Energielenkung durch Atemübungen)

5. Pratyahara (Unbeeinflussbarkeit)

6. Dharana (Konzentration)

7. Dhyana (Meditation)

8. Samadhi (Versenkung)

 

Buchtips zu den Yoga Surtas von Patanjali:

Leider sind in den allermeisten Büchern die Übersetzung und der Kommentar miteinander vermengt. Im nachfolgenden wird eine, durch Angabe der Vokabeln,  nachvollziehbare Übersetzung, sowie ein Kommentar angegeben. Am besten holt man sich mehrere Bücher um die Übersetzungen zu vergleichen.

Swami Satyananda: "Four Chapters on Freedom. Comentary on the Yoga Sutras of Patanjali"

Anschauliche Kommentare gibt es im Buch von R. Sriram: "Patanjali. Das Yogasutra. Von der Erkenntnis zur Befreiung."